Erbschaftssteuer

Erbschaftssteuer! Wenn die Steuer das Erbe frisst…

Wer ein Haus erbt, hat ausgesorgt?
Immer öfter wird aus dem vermeintlichen Glücksfall eine finanzielle Bürde. Denn mit den Grundstückspreisen schießt auch die Erbschaftssteuer in die Höhe.
Bayern fordert eine Reform – doch dürfte es schwer haben.
Seit Generationen wohnt die Familie von Stefan Niedermaier in Rottach-Egern am Tegernsee. Es ist ein kleines Paradies: ein altes Bauernhaus mit verwittertem Holz, im Garten stehen Obstbäume. Doch trotz Familienbesitz musste Niedermaier sich verschulden, um dort weiter leben zu können.

Einen Teil des Hauses hat er bereits vor 20 Jahren von seinen Eltern bekommen, den anderen erst vor ein paar Jahren von seiner Tante. Für die damalige Steuer – eine sechsstellige Summe – musste er einen Kredit aufnehmen. Zugleich macht er sich bereits jetzt Gedanken. „Wie kann ich Haus und Grund an meine Kinder weiterreichen, ohne dass sie es wegen der Erbschaftssteuer verkaufen müssen?“, fragt er sich.

Mit dem Hausverkauf zum Millionär? Kein Interesse

Es klingt wie ein Luxusproblem, das weiß der 49-Jährige selbst. „Mancher sagt: Was jammert der? Er hat den Grund bekommen, ohne etwas dafür machen zu müssen“, sagt Niedermaier und fügt an: „Stimmt.“ Würde er das Haus verkaufen, wäre er von heute auf morgen mehrfacher Millionär.
Nur kommt es für ihn überhaupt nicht infrage, das 1851 erbaute Haus seiner Familie an Fremde abzugeben. „Wenn man hier zu Hause ist, gibt es kein Verkaufen“, betont er.
Er werde keinen Meter hergeben, wenn er nicht müsse. Doch die Kriterien für dieses „Müssen“ verändern sich durch die Erbschaftssteuer in immer mehr Regionen Bayerns.

Erbschaftssteuer wurde zuletzt 2009 reformiert

Niedermaier ist nicht arm, er führt den Familienbetrieb, ein Elektro-Fachgeschäft. Doch er ist auch nicht reich. Und er steht damit exemplarisch für eine wachsende Gruppe aus der Mittelschicht, die sich um den mühsam erarbeiteten Besitz ihrer Familie sorgt.
Rund 13 Jahre sind seit der letzten Erbschaftsteuerreform vergangen, fast genauso lang beobachtet Rudolf Stürzer bereits, wie sich die Situation zuspitzt.
„Die Immobilienpreise steigen, aber die Freibeträge werden nicht erhöht“, erklärt der Vorsitzende des Haus- und Grundbesitzervereins München.

Verwandtschaft und Steuerklasse bestimmten über Freibeträge

Das Erbschaftsrecht ist ein komplexes Gerüst aus Tabellen, die Auskunft über Verwandtschaftsverhältnisse, Steuerklassen und Freibeträge geben. Nur in wenigen Ausnahmen kann eine Immobilien komplett steuerfrei vererbt werden. Das ist etwa bei einem Übertrag von den Eltern auf die Kinder der Fall. Jedoch auch nur, wenn diese das Objekt anschließend mindestens zehn Jahre selbst bewohnen und es nicht mehr als 200 Quadratmeter Wohnfläche hat.
In vielen anderen Konstellationen wie unter Enkeln, Geschwistern oder Nichten fallen hingegen Steuern an. Deren Höhe richtet sich maßgeblich nach den sogenannten Bodenrichtwerten. Das hat zur Folge, dass mancherorts die Erbschaftssteuer durch die Decke geht, weil auch die Grundstückspreise keine Grenzen kennen.
Zum Beispiel in Großstädten wie München, in Speckgürteln oder dem Alpenvorland

Füracker: Erbschaftssteuer regionalisieren und Freibeträge erhöhen

Aus diesem Grund hat Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) kürzlich eine Reform der Erbschaftssteuer gefordert.
Er möchte höhere Freibeträge durch eine Regionalisierung erreichen. „Nachdem die Erbschafts- und Schenkungssteuer ohnehin den Ländern zusteht, sollte die Regelungskompetenz auch in die Hände der Länder gehören“, sagte Füracker dem BR.

Derzeit sucht er Verbündete auf Länderebene, um über den Bundesrat eine Gesetzesinitiative zu starten. Doch schon an dieser Stelle könnte das Vorhaben scheitern, denn für manche Bundesländer ist eine Reform wenig attraktiv.
Auch wenn es zu Lasten der Erben geht, haben die Länder 2020 dank der Erbschaftssteuer insgesamt 8,5 Milliarden Euro eingenommen – so viel wie noch nie.

Mögliche Lösung: Steuerfreibetrag an Bodenrichtwert vor Ort anpassen.

Dabei wäre die Lösung aus Sicht von Hausbesitzer Niedermaier denkbar einfach: „Wenn sich der Freibetrag am Bodenrichtwert orientiert, hätte man einen gerechten Schlüssel“, erklärt er. Auch Wolfgang Kuhn hält es für richtig, die Freibeträge anzuheben. Der Präsident des Eigenheimerverbands Bayern betont zugleich, dass in einem ersten Schritt gemeinsam mit Fachleuten eine Datenbasis geschaffen werden sollte, wie viele Menschen in welchem Umfang betroffen sind. Für Niedermaier gäbe es nach der aktuellen Rechtslage wohl nur eine Option das Haus steuerfrei an seine Kinder zu vererben: Alle drei müssten darin mit ihren Familien für zehn Jahre wohnen. Andernfalls dürfte sie eine Steuer im Millionenbereich erwarten, schätzt er, was nur mit einem Verkauf zu bewerkstelligen wäre.

Dabei wäre die Lösung aus Sicht von Hausbesitzer Niedermaier denkbar einfach: „Wenn sich der Freibetrag am Bodenrichtwert orientiert, hätte man einen gerechten Schlüssel“, erklärt er. Auch Wolfgang Kuhn hält es für richtig, die Freibeträge anzuheben. Der Präsident des Eigenheimerverbands Bayern betont zugleich, dass in einem ersten Schritt gemeinsam mit Fachleuten eine Datenbasis geschaffen werden sollte, wie viele Menschen in welchem Umfang betroffen sind.
Für Niedermaier gäbe es nach der aktuellen Rechtslage wohl nur eine Option das Haus steuerfrei an seine Kinder zu vererben:
Alle drei müssten darin mit ihren Familien für zehn Jahre wohnen.
Andernfalls dürfte sie eine Steuer im Millionenbereich erwarten, schätzt er, was nur mit einem Verkauf zu bewerkstelligen wäre.

Seltene Einigkeit bei Politikern, Verbänden und Betroffenen der Erbschaftssteuer

Ein solcher Schritt würde überdies wie so oft die Preisspirale weiterdrehen: Auf hohe Verkaufspreise folgen hohe Bodenrichtwerte, was Investoren anlockt und letztlich zu höheren Mieten führt. Ausnahmsweise sind sich bei einem Thema deshalb sogar Immobilienbesitzer, Vermieter, Mieter und die bayerische Staatsregierung einig, dass es einer Reform bedürfe. Doch ohne weitere Unterstützung auf Bundesebene lässt sich an der aktuellen Rechtslage nichts ändern – auch das ist eine bittere Pointe der Erbschaftssteuer.

Quelle:
Tobias Brunner Reporter, CvD & Moderator, Teure Immobilien: Wenn die Steuer das Erbe frisst 11.03.2022, 09:45 Uhr BR24

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